"Kultivieren statt Konsumieren" – Die alltägliche Transformation im Denken, Handeln & Fühlen

Vom passiven Konsumierenden zum aktiven Mitgestaltenden des Lebens

 

Während unser auf Wachstum ausgerichtetes Wirtschaftssystem den Homo oeconomicus feiert – und dabei den Menschen primär durch seine Fähigkeit definiert, am Markt teilzunehmen, Güter bzw. Dienstleistungen zu erwerben und so zur sogenannten “Wertschöpfung” beizutragen – vollzieht sich zeitgleich ein kraftvoller Wandel, den es kollektiv zu fördern gilt: Die Rückeroberung unserer schöpferischen Kraft und die Erkenntnis, dass man Lebendigkeit nicht kaufen kann.

 

Wir beobachten, dass dieses Hinterfragen immer verbreiteter wird:

  • Das BIP soll als ultimativer Maßstab für Wohlstand adäquat sein?! Doch wie steht es wirklich um das Wohlbefinden in unserer "Wohlstandsgesellschaft"? Können wir zunehmende Zivilisationskrankheiten, chronische Erschöpfung und maßlose Naturzerstörung damit rechtfertigen?
  • Wenn die materiellen Grundbedürfnisse erfüllt sind – was erfüllt darüber hinaus das seelische Wohl, und was hält einen nur beschäftigt, um sich nicht mit den wirklich wichtigen Fragen zu beschäftigen, die womöglich nicht im Interesse des vorherrschenden Systems liegen? 
  • Wie kann man ein Modell, das in einer Welt mit begrenzten Ressourcen unbegrenztes Wachstum fordert, anders als als Ideologie begreifen? 
  • Wie gesund kann ein Lebewesen in einem kranken System sein / bleiben / werden ?

Das vorherrschende System, das Wohlstand einseitig am BIP und unendlichem Wachstum misst, entlarvt sich angesichts zunehmender gesellschaftlicher und ökologischer Krisen als realitätsferne Ideologie. Es stellt sich die Kernfrage, wie gesund und erfüllt der Mensch in einem System sein kann, das materielle Expansion über das tatsächliche physische, psychische sowie seelische Wohlbefinden und die planetaren Grenzen stellt ?!

 

Konsum: Die große Illusion der Zugehörigkeit

Konsum verspricht Freiheit, Erfüllung und Identität – doch wird diese Verheißung von einer Industrie bestimmt, die unser Ungenügen bewirtschaftet. Wir geben unsere Gestaltungsmacht ab an Konzerne, die für uns denken, schmecken, träumen und scheinbare Ideale entwerfen. Die vielbeschworene „Wahlfreiheit“ der Konsumentinnen und Konsumenten beschränkt sich auf die Frage: Welches vorgegebene Skript wollen wir heute spielen?

 

In unserem Artikel zur Zivilisatorischen Bildungskunst schreiben wir: „Wir haben verlernt, das Leben als etwas zu begreifen, das wir aktiv gestalten können.“ Genau hier setzt die Transformation an!

 

Kultivieren: Die alltägliche Praxis der Souveränität

 

Kultivieren ist die aktive Antwort auf die Passivität des Konsums.

Während Konsumieren etwas auswählen bedeutet, heißt Kultivieren etwas ins Leben rufen. Es ist die bewusste, geduldige, demütige und liebevolle Pflege von Lebensprozessen – in uns, zwischen uns und um uns herum.

Das Freiluft Atelier ist kein Gegenentwurf, sondern ein Erprobungsraum für diese Haltung, wo wir als Zukunftswerkstatt eine lebensbejahende Alternative erforschen. Hier wird kultiviert im wörtlichen wie im übertragenen Sinn:

  • Im Denken: Wir kultivieren Aufmerksamkeit statt Ablenkung

  • Im Handeln: Wir kultivieren Genügsamkeit statt Gier

  • Im Fühlen: Wir kultivieren Verbundenheit statt Getrenntheit

 

Kurz gesagt: Vielfalt statt Einfalt!

Die drei Ebenen der Transformation

 

1. Von globalen Lieferketten zur lokalen Verantwortung

Die einfachste Ebene beginnt bei unserer Nahrung: Statt überwiegend fertige Produkte zu kaufen und große Konzerne zu stärken, können wir uns dazu entscheiden, wieder mehr wachsen zu lassen. Vor wenigen Jahrzehnten war es noch undenkbar, dass ein Großteil unserer alltäglichen Nahrungsmittel importiert, geschweige denn aus Zutaten verschiedenster Kontinente verarbeitet, verpackt, transportiert und global ausgeliefert wurde.

 

Nur weil etwas aktuell „normal“ ist, heißt das nicht, dass es richtig ist – oder weitergeführt werden sollte.

 

Die Rückeroberung beginnt im Kleinen: Sprossen und Kräuter in der Küche, Wildpflanzen im Garten, Obstbäume in der Straße, Gemeinschaftsgärten in der Umgebung bis hin zu großen, ganzheitlichen SoLaWi´s ( Solidarische Landwirtschaft)  übers ganze Land. Jedes selbst gezogene und geerntete Lebensmittel ist eine Unabhängigkeitserklärung – nicht nur von Konzernen, sondern von einem System, das uns entmündigt.

 

2. Vom Algorithmus zur Intuition

Die zweite Ebene betrifft unsere AufmerksamkeitsökonomieStatt uns von Werbeversprechen und Algorithmen treiben zu lassen, üben wir bewusste Wahrnehmung. Wir kultivieren unsere Fähigkeit, dem "Synchroflow" 🌀des Lebens zu folgen – jenem natürlichen Fluss, der sich einstellt, wenn wir die Lebendigkeit des Lebens selbst schätzen lernen. Unsere Entscheidungen treffen wir dann nicht mehr aufgrund externer Manipulation, sondern im Einklang mit unserer inneren Wahrheit und unserem sich-stimmig-anfühlenden Kompass. Das ermöglicht es uns, empfänglich zu werden für bedeutungsvolle Zeichen, Situationen und Fügungen (Synchronizitäten) und uns mühelos zu dem führen zu lassen, was wirklich wesentlich ist.

 

3. Vom Ich zum Wir

Die dritte Ebene transformiert unsere Beziehungen: Echte Gemeinschaft entsteht nicht durch gemeinsamen Konsum, sondern durch gemeinsames Schaffen. Die Soziale Skulptur wird sichtbar, wenn Menschen zusammenkommen, um etwas zu gestalten, das größer ist als sie selbst. Hier wird aus Konsumierenden eine Gemeinschaft von Mitgestaltenden.

 

Kultivieren als radikale Alltagspraxis


Diese Transformation vollzieht sich nicht in großen Gesten, sondern in unzähligen kleinen Entscheidungen:

  • Beim Einkauf: Frage nicht „Was will ich haben?“, sondern „Was will ich unterstützen?“ – und hinterfrage, was du nur aus Gewohnheit oder Prägung kaufst, obwohl es dir eigentlich nicht dient.

  • In der Freizeit: Frage nicht „Was könnte ich konsumieren?“, sondern „Was könnte ich erschaffen?

  • In Beziehungen: Frage nicht „Was habe ich davon?“, sondern „Wie können wir gemeinsam wachsen?

 

„Widerstand beginnt nicht auf der Straße, sondern im Alltagsbewusstsein.“
Verweis auf unseren Beitrag zum Konsumprotest

 

 

Vom Prinzip „Teile und Herrsche“ zu „Verbinde und Gestalte“

Unser Wirtschaftssystem basiert auf systematischer Trennung: Wir sind abgeschnitten von der Herstellung unserer Nahrung, von den Quellen unserer Energie, von den Konsequenzen unseres Handelns. Konsumieren zementiert diese Entfremdung.

 

Kultivieren hingegen webt Verbindung: Zur Erde als Mitwelt statt Umwelt, zu unseren Händen, zu unseren Nachbarn, zu zukünftigen Generationen. Es ist die praktische Umsetzung unseres Mottos „Verbinde und Gestalte“ – eine bewusste Entscheidung für Vielfalt statt Einfalt, für Permakultur statt Monokultur, sowohl in der Landwirtschaft als auch in unserem Denken.

 

Die Poesie des Wartens Könnens

In einer Welt des Same-Day-Deliverys ist die radikalste Geste vielleicht die Geduld. Und die Demut. Eine Eiche braucht 80 Jahre, ein Gartenprojekt mehrere Jahreszeiten, bis es die ersten Früchte trägt. Genau diese Zeit des Wartens schafft jene tiefe Wertschätzung, die im Sofort-Konsum unmöglich ist.

Kultivieren lehrt uns diese Langsamkeit. Es erinnert uns daran, dass alles Wesentliche seine eigene Zeit braucht – ob ein Samenkorn, eine Idee oder eine Transformation der Zivilisation.

 

Einladung statt Überzeugung

Wie in allem, was wir tun, geht es nicht um Bekehrung, sondern um Einladung. Der Duft von selbstgebackenem Brot, das Summen, Kreuchen und Fleuchen einer blühenden Landschaft, die Freude in den Augen eines Menschen, der gerade zum ersten Mal ein neu gelerntes Wildkraut pflückt – das sind die wahren Botschafter dieser Transformation.

 

Kultivieren statt Konsumieren ist keine Askese, keine Entbehrung, kein Verzicht. Es ist die Wiederentdeckung einer Fülle, die nicht in Regalen oder einen Klick entfernt liegt, sondern in unserem Vermögen, am großen Wunder des Lebens aktiv und begeistert teilzuhaben.

 

Im Freiluft Atelier erproben wir diese Haltung alltäglich. Nicht als perfekte Vorbilder, sondern als Beobachtende, die verstanden haben: Die größte Befriedigung liegt nicht im Haben, sondern im Tun und Sein. Nicht im Besitzen, sondern im Teilen. Nicht im Konsumieren, sondern im Kultivieren.

 

Im Einklang mit der inneren und äußeren Natur - Als selbstwirksame Mitgestaltende für ein MIT statt GEGEN die Natur uns Menschlichkeit

 

„Lebst du schon, oder konsumierst du noch?“


Dieser Artikel ist ein lebendiger Teil unserer Sozialen Skulptur. Deine Gedanken und Erfahrungen zum Thema sind herzlich willkommen – im Kommentar und bei deinem Besuch.

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